Skandal im Kino

Die erste Anti-Homosexuellen-Demo Österreichs

#07

Mit Ausschreitungen gegen den Film „Anders als die Andern“ im Ring-Kino kam es in Graz 1920 zur ersten bekannten anti-homosexuellen Kundgebung Österreichs.

Mit „Anders als die Andern“ schuf Richard Oswald 1919 unter Mitwirkung des Sexualforschers Magnus Hirschfeld den ersten Film, der Homosexualität explizit thematisierte. Es geht um den Violinvirtuosen Paul Körner, der wegen seiner Homosexualität erpresst wird und sich das Leben nimmt. Der Film war ein flammender Appell für eine Strafrechtsreform und war sehr erfolgreich: in Österreich lief er im November 1919 in mindestens sieben Wiener Kinos. In Graz lief der Film im „Ring-Kino“ im „Kaufmannshaus“ (heute Sitz der Merkur-Versicherung) an. Auch hier war das Publikumsinteresse so groß, dass sich das Kino (vergeblich) bemühte, die Filmkopie noch länger in Graz behalten zu können. Organisiert von deutschnationalen Kreisen und der „Österreichischen Volkswacht“ des Theologen Dr. Johannes Ude störten 50 Personen im Kinosaal die Vorstellung: „Leute schrien: Den Film vernichten! Nieder mit der Juden-Regierung. Dann stimmte man das Bismarck-Lied an!“ Da die meisten der Kinobesucher*innen (der Saal bot 290 Personen Platz) den Film ungestört sehen wollten, kam es auf der Straße zu Lärmszenen mit ca. 100 Beteiligten. „Um weitere Ruhestörungen zu verhindern“ wurde die beiden weiteren (und letzten) Vorführung am 15. Jänner auf Weisung des Polizeidirektors verboten.