Kurze Rechtsgeschichte

#27

Das von Joseph II. eingeführte „Allgemeinen Gesetz über Verbrechen und derselben Bestrafung“ von 1787 machte aus dem unter seiner Mutter Maria Theresia noch potentiell mit Todesstrafe bedrohten Delikt „Unkeuschheit wider die Natur, oder sodomitische Sünd“ ein von Verwaltungsbeamten zu ahndendes Delikt mit nur einem Monat Haftstrafe.

1786, ein Jahr vor Österreich, trat mit dem „Codice Criminale“ im Großherzogtum Toskana, ein neues Strafgesetzbuch in Kraft. Damit schaffte die Toskana als erster Staat der Welt die Todesstrafe ab. Doch gleichgeschlechtliche sexuelle Handlungen blieben weiterhin mit der Höchststrafe bedroht: nach der Abschaffung der Todesstrafe war dies bei Männern lebenslange öffentliche Strafarbeit, bei Frauen zwanzig Jahre Zucht- und Arbeitshaus.

In Österreich ging man einen anderen Weg.
1781 hatte es in der Strafrechtsreformkomission sogar den Vorschlag gegeben, das Delikt ganz aus dem Strafrecht zu entfernen, da „dieses Laster mehr eine Religions Sache seye“. Dies fand aber keine Mehrheit und es war dann Frankreich, wo nach der Revolution Homosexualität 1791 aus dem Strafrecht verschwand. Bei der Bestrafung von gleichgeschlechtlichem Sex als Verwaltungsdelikt blieb es jedoch in Österreich nicht. Nun setzten sich die konservativen Kräfte durch. Die erste Verschärfung erfolgte mit dem österreichischen Strafgesetz von 1803. „Unzucht gegen die Natur“ galt wieder als Verbrechen, die Strafe war Kerker von sechs Monaten bis zu einem Jahr. Ein Hofdekret vom Juni 1844 zur Auslegung stellte klar, dass hier „das Wort Unzucht in seiner gewöhnlichen Bedeutung zu nehmen sei ohne es auf den Beischlaf zu beschränken“. Eine weitere Verschärfung kam mit dem Strafgesetz von 1852: ein Verbrechen war nach § 129 „Unzucht wider die Natur“, definiert als Unzucht „mit Thieren“ bzw. „mit Personen desselben Geschlechts“. Das Strafmaß war nun schwerer Kerker von einem bis zu fünf Jahren. In dieser Form galt das Gesetz in Österreich bis 1971.

Als eines der letzten westlich-demokratischen Ländern wurde das „Totalverbot“ homosexueller Handlungen durch die erste SPÖ-Regierung mit Justizminister Christian Broda durch die „Kleine Strafrechtsreform“ im Sommer 1971 abgeschafft.

Das letzte Überbleibsel von Homosexualität im Strafrecht, das Mindestalter von 18 bei sexuellen Kontakten zwischen Männern (§ 209 StGB), beseitigte der Verfassungsgerichtshof 2002.