Der erste solidarische Hetero

Wohnsitz August Tewes

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Als „ersten Schwulen der Weltgeschichte“ hat die Forschung den deutschen Juristen Karl Heinrich Ulrichs bezeichnet. Denn dieser wurde sich nicht nur seines gleichgeschlechtlichen Begehrens bewusst (er stand auf stramme Soldaten), er begann bei Juristentagungen Anträge zu stellen und verbreitete ein Dutzend Broschüren für mannmännlich Liebende, für die er den Begriff „Urninge“ erfand. 

Er kämpfte für Straffreiheit und prophezeite, dass solche Menschen auch vor dem Standesamt heiraten würden. Die Begriffe homosexuell und heterosexuell gab es noch nicht. Ulrichs bezeichnete mit „Dioningen“ heterosexuelle und mit „Urningen“ homosexuelle Männer.

August Tewes, Professor für Römisches Recht an der Universität, unterstützte seinen Freund Ulrichs 1865 bei einem Antrag zur Strafrechtsreform beim Deutschen Juristentag in München und war damit der erste solidarische Heterosexuelle. „An dieser Stelle spreche ich dem Professor Tewes zu Graz meine Anerkennung aus, daß er, obgleich der urnischen Natur nicht angehörend, dennoch, aus Gerechtigkeitssinn, den Antrag mitunterzeichnete. Von anfänglichen Zweifeln durch Prüfung zur Ueberzeugung hindurchgedrungen zu sein und dann die gewonnene Ueberzeugung furchtlos zu vertreten, ist gewiß wahrer Hochachtung werth.“

Tewes schrieb Ulrichs: „Ich habe bemerkt, daß die meisten der hochgebildeten gegen Aufklärung in dieser Sache absichtlich sich sträuben.“ Und: „Du wirst lachen: ich stehe hier fast im Verdacht, selber Urning zu sein, da ich so oft das Gespräch darauf bringe.“ Die beiden Männer blieben bis zu Ulrichs Tod in Italien 1895 in Kontakt.